Auch das Schicksal der beiden Autoren des Romans, Jürgen Kuczynski und Emanuel Bruck, steht unter den düsteren Schatten der Umdeutung des »Die letzten Tage von …« durch den Gang der Geschichte. Beide mussten Deutschland nach 1933 verlassen. Kuczynski emigrierte im Januar 1936 nach England. Bruck ging gleich nach der Machtergreifung Hitlers ins Exil nach Dänemark, er kehrte im Auftrag der Partei illegal zurück, um als Verbindungsmann in Hamburg die Parteiarbeit im Untergrund aufzubauen. Im April 1934 wurde er verhaftet und Januar 1935 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. 1942 kam er ins KZ Dachau und wurde dort ermordet. Jürgen Kuczynskis (1904–1997) Biographie und seine Bedeutung als Wirtschaftshistoriker und »Querdenker und fröhlicher Marxist« in der DDR sind bekannt, sie brauchen hier nicht dargestellt werden. In seinen Memoiren hat er sein Leben geschildert. Der zweite Autor des Romans, Emanuel Bruck (1901–1942), ist in Vergessenheit geraten. Grund dafür ist nicht zuletzt sein Schicksal nach 1933. Einiges über sein Leben lässt sich aus Briefwechseln, Erinnerungen und Berichten anderer rekonstruieren.
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Kuczynskis und Brucks Roman »Die letzten Tage von …« war in mehrfacher Hinsicht ein Experiment. Nicht nur, weil Kuczynski und Bruck ihn kollektiv verfassen, sondern vor allem, weil sie ihn tagesaktuell schrieben und den Leser einbezogen. Sie verarbeiteten in jeder Folge die tatsächlichen Ereignisse der vorangegangenen Tage. Der Roman war der Versuch, eine »parteiliche Literaturpraxis« zu entwickeln (Hanno Möbius). Er sollte in die Wirklichkeit eingreifend wirken und die Leser mobilisieren. Richard Albrecht sieht in seiner Betrachtung deutscher Kollektivromane den Roman daher als rein publizistischen Versuch, er sei »ganz aliterarisch bestimmt«. Doch das verkennt den experimentellen Charakter des Romans. Dieser folgte aus den Überlegungen für eine neue proletarisch-revolutionäre Literatur. Kuczynski und Bruck griffen die Entwicklungen und Debatten um die proletarisch-revolutionäre Literatur, wie sie insbesondere in der ›Roten Fahne‹ und im BPRS geführt wurden, auf und spitzen sie in avantgardistischer und experimenteller Weise zu. Es war ein Ausprobieren dessen, was möglich ist – gerade in der Form eines täglichen Fortsetzungsromans in der Zeitung. Man wird den Roman nicht als großes Werk erinnern, aber er bleibt interessant als Experiment für eine Literatur, die »Waffe im Klassenkampf« sein sollte.
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Gedruckt wurde auf einer KBA Rapida RA 106 - 5 Farben bei der DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, die auch die buchbinderische Weiterverarbeitung geleistet hat. Papier war »Lessebo smooth white« in 115 g/m2 von Geese Papier. Für den Einband wurde Aktendeckelkarton in der Farbe chamois in 350 g/m2 von Papier-Union verwendet. Verwendete Schriften waren die »Zurich« von Adrian Frutiger, die »Mercury« von Hoefler & Co. sowie der schmale fette Schnitt der Berthold Akzidenz Grotesk.